Junge Tiroler Ärztin auf den Philippinen

"Man lernt dort sehr schnell zu improvisieren. Irgendwie geht immer alles."

Kurz vor Weihnachten kam Dr Julia Kuen von Ihrem Ersteinsatz auf den Philippinen zurück nach Tirol. Sechs Wochen lang verbrachte Sie in einem Armenhospital, in Valencia. Im Anschluss versorgte sie zusammen mit dem einheimischen Medical Team mit einer Klinik auf Rädern die vernachlässigte Bevölkerung in den abgelegenen Bergdörfern.

Hier erzählt sie uns..

Die letzten zwei Wochen meines Einsatzes als Austrian Doctor hatten es in sich: Wir waren mit dem Unimog im Einsatz, unserem mobilen Krankenhausfahrzeug. Täglich wurde von unserem Team ein anderes Dorf in der Arakan Area auf Mindanao angefahren und Patienten behandelt. Pro Tag ca. 60-70 Patienten. Meistens kamen noch 1-2 Hausbesuche hinzu. Geschlafen wurde dann in einem von den Bewohnern zur Verfügung gestellten Raum in einer der Bambushütten. Oftmals ohne Strom und meist auch ohne fließend Wasser. „Elefantendusche“ hieß es dann jeden Morgen – was übersetzt soviel bedeutet, wie sich einen Kübel mit kaltem Wasser über den Kopf zu schütten…

 

Über Stock und über Stein


Zu sechst machten wir uns jeden Tag ca. zwei Stunden auf zu unserem nächsten Standort, der teilweise durch sehr unwegsames Gelände führte. Dem Unimog und nicht zuletzt den Künsten unseres Fahrers war es zu verdanken, dass wir immer den angestrebten Ort erreichten, auch wenn zunächst so manche Lage ausweglos schien. Von den meisten Dörfern wurden sogenannte Health Worker gestellt, welche von den German Doctors ausgebildet wurden und medizinische Hilfstätigkeiten wie Blutdruckmessen, MUAC messen (= mittlere Armumfang bei Kindern, um den Ernährungszustand zu kontrollieren), Gewicht und Temperatur messen (ein Fieberthermometer hat dort ansonsten noch niemand gesehen) durchzuführen. Die Patienten erwarteten meistens schon sehnsüchtig unsere Ankunft. In dieser Rolling Clinic waren es besonders viele, da auch ein Zahnarzt mit dabei war, was erst das zweite Mal in diesem Jahr der Fall war, dementsprechend hoch war der Ansturm auch für ihn.

 

Unterschiedlichste Krankheitsbilder bestimmen den Arbeitsalltag


Ansonsten war von jung bis alt, Verletzungen, Infektionskrankheiten über chronische Leiden und Hauterkrankungen bis zu neurologischen Fragestellungen alles vertreten – was einen doch sehr forderte und teilweise leider auch seine Grenzen aufzeigte. Viele Untersuchungen, wie auch meistens der Ultraschall, mussten am Boden durchgeführt werden. Mit einer Decke und einem Polster, die von den Dorfbewohnern gebracht wurden, war das jedoch kein Problem. Oft wurde bis in die Dunkelheit hinein gearbeitet, weil einfach zu viele Patienten da waren. Da jedoch häufig kein Strom zur Verfügung stand, mussten wir uns mit Taschenlampen und Solarleuchten helfen. Man lernt schnell: Irgendwie geht immer alles. Kinder machen alles in allem dann doch den Großteil der Patienten aus. Die Kinder mit schwerer Unterernährung gilt es dabei herauszufischen. Das Ultraschallgerät von Sonosite, mit welchem unser Unimog im Einsatz glücklicherweise ausgestattet ist, war in vielen Fällen sehr nützlich. In diesem Fall konnte bei einem schwer unternährten Kind damit ein Aszites (=Wasserbauch) sowie eine Leber- und Milzvergrößerung ausgeschlossen werden.

 

Eine berührende Begegnung


Ein Patientenschicksal hat mich besonders berührt: Eine Frau (ca. 60 Jahre – ihr genaues Alter wissen hier die wenigsten, siehe Foto rechts) mit Halbseitenlähmung links, vermutlich aufgrund eines Schlaganfalles vor drei Jahren. Jetzt gilt es den Blutdruck sowie Zucker optimal einzustellen, um ein weiteres Ereignis zu verhindern. Kümmern tut sich ein Sohn um diese Frau, welcher aufgrund einer Masernerkrankung in der Kindheit auf beiden Augen blind ist. Gemeinsam schaffen sie es jedoch, sich mit dem Nötigsten zu versorgen. Beeindruckend.

Gelegentlich kommen immer auch mal wieder Verletzungen vor. Die meisten schon ein paar Tage alt oder älter. Entweder beim Arbeiten am Feld oder den Bananenplantagen  mit dem Buschmesser passiert oder Verbrennungen am Auspuff bei Motorrädern (oft neben Pferden das einzige Transportmittel, das sich einige Bewohner teilen um mal aus ihrem Dorf rauszukommen) oder am offenen Feuer, auf dem in allen Bambushütten gekocht wird.

Zu guter Letzt gilt mein Dank in erster Linie den zahlreichen Barangay Health Workern und dem Team das mich durch die gesamte Rolling Clinic begleitet hat. Ohne sie wäre der Ablauf nicht so reibungslos und effizient verlaufen und sie haben durch ihre positive und fröhliche Art so manche schwierige Situation erleichtert und immer gut auf einen aufgepasst, so dass man sich nie alleine fühlte.

Tolle Menschen, die diese sinnvolle Arbeit der Austrian / German Doctors vor Ort unterstützen. Es war mir eine Freude mit ihnen auf den Philippinen zusammenarbeiten zu dürfen.

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